Stephanies Heimat

Wir baten euch zur Revision und damit, uns zu schreiben, was sich für euch hinter dem Begriff Heimat verbirgt. Und das hat Stephanie von stepanini getan.


Wenn du an die Heimat und was sie für dich bedeutet denkst, wann hast du dich am weitesten entfernt gefühlt?
Früher war Heimat meine Kleinstadt. Ich kannte nichts anderes. Ein bisschen Europa zwar, Schulausflug und das große Abenteuer mit der Freundin im Alter von sechzehn nach Paris. Dann war die Schule vorbei und es ging nach Südafrika. Das Gefühl, dass zwölf lange Flugstunden zwischen mir und dem mir Bekannten liegen, hat mein Herz zusammengeschnürt und mich Entfernung spüren lassen. Körperlich konnte ich die tausende von Kilometer Entfernung und die Ozeane, die zwischen mir und dort liegen, spüren. Heimatlosigkeit. Selbst wenn ich gewollt hätte, so einfach konnte ich nicht zurück. Mit der Zeit legte sich das Gefühl. Das fremde Land wurde vertraut. Viel vertrauter als die einstige vermeintliche Heimat. Und als die Tage bis zur Abreise gezählt waren, wurde mir wieder mulmig. Wenn ich mich so lange physisch entfernt hatte, passte ich dann noch ins alte Heimatland? Diese Erfahrung hat mich geprägt. Das Wissen, dass ich mir eine Heimat schaffen kann, sie nicht gebunden ist an Orte.

Wie hat es sich angefühlt, nach der kurzen/langen/intensiven Abwesenheit zurückzukehren?
Nach kurzer Abwesenheit nach Hause kommen – und mein jeweiliges zu Hause ist meine Heimat – ist ein gutes Gefühl. Wieder angekommen sein, Vertrautes um mich haben.
Ich mache mir die Orte vertraut und damit zur Heimat. War ich lange Zeit weg, fremdle ich. Fühle mich wie deplatziert. Etwas passt nicht. Ist der Ort nicht richtig oder bin ich hier nicht richtig? Hat sich die Umgebung verändert oder ich mich?
Es drückt noch, ist zu eng oder zu weit geworden. Die Zeit macht dann, dass ich und der Ort, an dem ich bin, wieder zusammenpassen.
Mein Ort der Kindheit, früher einmal Heimat, ist mir heute so fremd. Die Ecken noch vertraut, die Straßenzüge – aber mein zu Hause, Heimat? Nein, das ist es nicht mehr.

Hast du woanders als an dem Ort, an dem du aufgewachsen bist, eine Heimat gefunden? 
In München zu Hause. Seit über sechs Jahren. So fremd schien mir anfangs alles. Dirndl, Weißwürste und Lederhosen hatte ich unter Deutschland-Klischees verbucht, die nur für Japaner oder Amerikaner aufgeführt werden. Oktoberfest galt für mich wie Ballermann als eine Erfindung des Trash-Fernsehens. Und dann… war ich da. Mittendrin. Und es fühlte sich gut an. Heimatlich. Zugehörig. Nach und nach, manchmal gibt es diese Momente da scheint es, als hätte es nie etwas anderes gegeben. Das Dirndl, das Weißwurstfrühstück. Noch nicht passgenau und maßgeschneidert, aber es fühlt sich gut an.
Die zweite Heimat ist Berlin. Obwohl Besuchsstadt für Studienzwecke ist sie zu meiner Ersatzheimat geworden. Meine Geliebte. Sie wird mir immer vertrauter und mit jedem längeren Besuch mehr.

Was macht diesen Ort zu deiner Heimat?
Ein paar vertraute Orte, Ankerpunkte. Ein gutes Cafe, ein schöner Buchladen, ein Gemüsehändler – sind diese gefunden, dann bin ich zu Hause. Werden die Straßenzüge mir langsam bekannter, suche ich nicht mehr orientierungslos nach der richtigen Abzweigung zur Wohnung – dann ist es Heimat. Von dort aus, kann ich dann erkunden und entdecken. Mit der Sicherheit des Vertrauten im Rücken kann ich Neues entdecken. Wenn es zuviel wird, zurückkehren an die mir vertraut gemachten Ecken.
Und das überall auf der Welt.
Gut ist es auch immer, den vertrauten Menschen bei sich zu haben. Da begleitet mich das Heimatgefühl allerorts mit hin.

Umgibst du dich, während du weg bist, mit etwas, was dich an die Heimat erinnert?
Kein spezielles Kissen, keine Bilder. Aber immer ein Buch. Lesen ist mir Heimat. Wo ich auch bin, wenn ich mich fern fühle, sind da Seiten und eine Geschichte. Bedruckte Blatt Papier, die mir ein zu Hause sind. Musik ebenso. Lieder, die ich verknüpft habe mit wohlfühlen. Einmal die Play-Taste gedrückt und das Gefühl ist da. Augen zu und welche Rolle spielt der Ort, an dem ich bin.
Oder eben den Lieblingsmenschen. Ist alles drei gegeben, ist die Umgebung sowieso zweitrangig. Und ich: Angekommen.

1 Kommentar:

  1. manchmal fühle ich mich mit stepanini ein bisschen seelenverwandt!
    so gute antworten, so wahr - auch für mich..

    /
    t

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