Ninas Gedeck

Was ist gutes, schnörkelloses Essen? Das haben wir euch gefragt.
Bei Nina von Fräulein Text kommen Herzchenwaffeln auf den Tisch.


Hast du ein Geschirrstück, Besteck oder Küchenutensil, das du besonders gern benutzt? Verbirgt sich dahinter eine Geschichte?
Ja, ein alter Eisportionierer. Großer Kopf, hölzernes Bein. Am schönsten ist der klickende Ton, wenn sich die Kugel löst. So sanft auf die Fläche fällt. Und der Rand, der sich immer rundherum bildet, wie ein kleiner Schwimmreif. Ein Konditoreirelikt vergangener Tage. Der bleibt!

Was ist ein typisches Gericht aus deiner Gegend? Gibt es Sprichwörter über das Essen oder besondere Ausdrücke, die man nur in deiner Region kennt?
Ich klebe auf der Grenze zwischen Rheinland und dem Bergischen Land - mit dem appetitlichen Hang zum Zweiten. Typisch dort: Herzchenwaffeln. Mit heißen Kirschen, geschlagener Sahne - und (!) mit Milchreis. Süß auf Süß auf Süß. Und zur Kaffeetafel: die Dröppelminna. Eine bauchige Kanne aus Zinn - mit drei Füßen und einem Zapfkränchen, aus dem es dröppelt. Tropft. Nach Minna, der Hausdienerin. Ich trinke keinen Kaffee, aber ich habe eine Schwäche für gut geformte Worte.

Welche Düfte / Gerichte / Gewürze etc. verbindest du mit deiner Kindheit? 
Rückblickend bleibt das Süß. Pfannkuchen halb und halb mit dünn gehobelten Apfel(halb)monden. Der Milchreis setzt sich fest, Grießbrei nackt und Kuchen - mit Zuckerguss, der in langen Bahnen herabläuft. Als trüge er sein Hochzeitskleid.  Oft kam auch ein rustikaler Pflaumenboden aus dem Ofen, belegt mit zimtigen Fruchtzipfeln. Zweimal mit dem Messer eingeschnitten. Der Duft zieht noch heute in Gedanken durch die Nase. Und alle Bilder schmecken.

Worauf achtest du beim Einkaufen / Kochen / Essen?
Ich kenne es nicht anders – und es ist mir bis heute wichtig geblieben. Ehrlich soll es sein, frei von fremden Aromen, Verstärkern, Pestiziden. Die E-Liste aus dem Küchenschrank pinnt noch immer im Kopf. Der Gedanke der ökologischen Landwirtschaft wippt an der Wiege. Gute Lebensmittel, ich meine wirklich gute, brauchen nichts. Sie sind sich genug. Ein gutes Brot, ein guter Strich Butter, Salz. Glücklicher geht's manchmal nicht. Das schönste Essen kommt aus >meinem< Tal. Menschen, die so schmecken wie ich, die gefallen mir.

Dabei sind Lebensmittel schon immer heikel gewesen. >Krüsch< sagt man glaube ich im Norden. Wie sagt man hier? Nun, wählerisch bin ich. Sehr bildverhaftet. Das Kino ihm Kopf gibt den Appetit vor. Synthetische Verknüpfungen. Gelb ist ein rotes Tuch. Gelb in Kombination mit einer Konsistenz: sämig. Ich kann es nicht aussprechen, auch das Schreiben lässt mich in diesem Moment unruhig werden. Eigelb ist das Schlimmste - pur gekocht oder im Spiegelei wohlgemerkt. Im Kuchen geht es köstlich unter. Und doch: Ich mag Spiegelei - wobei es für mich aus knusprig gebratenem Weiß besteht. Kein allgemeingültiger Genuss, ich weiß schon. Kartoffelbrei ist furchtbar. Mayonnaise. Menschen, die just Mayonnaise, Kartoffelbrei oder Eigelb essen, reden auch gleich ganz anders. Das Gelb klebt am Gaumen und im Hals und überzieht die Stimme mit einem Kissen. Es federt sie - und der Ton klingt nicht geradeaus. Nun, das Leben ohne Gelb funktioniert gut - und löst sich tatsächlich in Teilen. Ich liebe Essen, keine Frage.


Foto: Nina

2 Kommentare:

  1. ... ich habe tatsächlich synthetisch geschrieben ... auch gut ;)
    das waren ganz schön viele schöne gedecke, liebe heimat. ich sage danke!

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  2. Genug Schnörkel um einfach gut zu sein. Herzchenwaffeln von Herzen. Ich sehe eine bauchige Zinnkanne, schmecke Pflaumboden und -ohwei- ich liebe Kartoffelpüree. Nina, was nun?

    Danke für die feine Gaumenreise. :) Minza

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